Die Vieh- und Bodenwaagen der Gemeinde Winterbach
Im Jahr 1879 hat das Oberamt Schorndorf eine Verlängerung des Marktrechts von der Anschaffung einer Viehwaage abhängig gemacht. Die Gemeinde hat sich verpflichtet, diese anzuschaffen. Nach dem Notariatsregister von 1885 besteht ein Waaghäuschen an der Friedhofsmauer (vermutlich am Viehmarkt westlich des „Adlers“). Genaueres wissen wir von dieser Viehwaage nicht.
Nach dem Gebäudekataster von 1898 wurde 1887 das Waaghäuschen in das Leichen-/Arresthäuschen eingebaut. Dies war der neue Standort am Marktplatz, in der Kirchhofmauer.
Im Heimatbuch von 1996 ist zu lesen, dass der Raum unter dem früheren Totenhäusle an der Kirchhofmauer ab 1894 (nach dem Gebäudekataster schon 1887) als Waaglokal eingerichtet wurde. Wie dem auch sei, der Waagboden lag vor dem früheren Totenhäusle, wie aus dem obigen Foto zu ersehen ist. Neben Vieh wurden Ernteerträge, Steine, Sand usw. gewogen. Zuständig für das Wiegen war der von der Gemeinde bestellte Waagmeister.
Im Rahmen der Ortskernsanierung im Jahr 1972 wurde das Häuschen abgebrochen. Die Waage wurde an der Kelter neu aufgebaut, in der seinerzeit noch der Bauhof untergebracht war. Die Messeinrichtung wurde innerhalb der Kelter eingerichtet, während der Waagboden an der Ostseite der Kelter gebaut wurde.
Die fachtechnische Bezeichnung für eine solche Waage lautet Brückenwaage. Besonderes Merkmal der Brückenwaagen sind die holzbeschlagenen, später betonierten Waagböden in Eisenrahmen auf Fahrbahnebene.
Die Waage wurde von der 1876 gegründeten Waagen-Fabrik Friedrich Lang in Stuttgart-Vaihingen gebaut und umfasste ein Wiegevolumen von 100 bis 19.000 kg.
Als die Kelter dann in den Jahren 1982/83 unter enormer Mithilfe des Fördervereins zum heutigen Bürgerhaus umgebaut wurde, hat man die zwischenzeitlich nicht mehr in Betrieb befindliche Bodenwaage vor dem Gebäude und auch die Messeinrichtung im Gebäude belassen.
Der Raum, in dem die Messeinrichtung steht, heißt heute deshalb „Waagstube“.
Jürgen Rieger