Fundstücke aus der Winterbacher Geschichte (1)

Das Gartenfest des Musikverein

Im Jahr 1926 haben die Mitglieder des Musikvereins auf Initiative des damaligen Vorstandes Adolf Hild und unter der Leitung der Maurer Feldmaier und Reinöhl im südwestlichen Teil des Remsmühlegartens aus vorher sauber gemachten Abbruchbacksteinen das Musikhäusle erbaut. So hat es uns Helmut Göltz, der sein Wissen von Hermann Rapp hat, berichtet. Dies war sicher für diese Zeit (Weltwirtschaftskrise) eine großartige Leistung.

Aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 2. September 1926 ist ersichtlich, dass der Musikverein Winterbach e. V. den Anschluss seiner auf Parzelle Nr. 948/2 an der Mühlstraße neu erbauten Übungshalle an das elektrische Ortsnetz beantragt hat. Genauer sollten „4 Flammen (Glühbirnen) innerhalb und 1 außerhalb des Gebäudes“ eingerichtet sowie ein Zähler eingebaut werden (Man sagt noch heute: „Das Licht brennt.“). Die Gemeinde war seinerzeit für die Stromversorgung (vom E-Werk an der Mühle ausgehend) zuständig. Weiterhin wird um Überlassung des Gemeindeplatzes bei der Übungshalle (heute Musikhäusle) zur Abhaltung einer Einweihungsfeier am 19. September 1926 nachgesucht.

Der Gemeinderat hat die „vorgebrachten Gesuche“ genehmigt und bezüglich der Benützung des Platzes bestimmt, dass sich der Verein mit dem Käufer des Obstes vom Remsmühlegarten, Obermüller Gauger, selbst ins Benehmen zu setzen hatte.

Ganz offensichtlich war es dann ein schönes Fest, denn laut Gemeinderatsprotokoll vom 2. Juni 1927, also ein Jahr später, hat der Musikverein wieder um Überlassung des Gemeindeplatzes bei der Übungshalle zur Abhaltung eines Gartenfestes am Sonntag, den 26. Juni 1927, gebeten.

Der Gemeinderat hat beschlossen, den Remsmühlegarten dem Musikverein zum angegebenen Zweck unter der Bestimmung zu überlassen, dass der erst kürzlich eingesäte Teil dieses Platzes vom Verein nach Anweisung der Gemeindeverwaltung vorher abgesperrt wird, und der Verein selbst dafür zu sorgen hat, dass dieser Teil nicht beschädigt wird. Außerdem musste sich der Verein mit dem Käufer des Grasertrages, Karl Günther, Gipser, ins Benehmen setzen.

Man sieht, dass Winterbach damals noch ein sehr landwirtschaftlich geprägtes Dorf war und die Belange der Landwirtschaft besonders beachtet wurden. Jedenfalls fand das erste Gartenfest also vor 92 Jahren statt. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass es auch das 92. Gartenfest ist, das dieses Jahr stattfindet, denn vor, während und nach dem Krieg wird kein Gartenfest stattgefunden haben. Die Gründe sind aus dem Aufsatz „Unser Musikhäusle“ des damaligen Musikervorstandes Josef Müller in der Festschrift „100 Jahre Musikverein Trachtenkapelle Winterbach“ ersichtlich: Nach dem Schulhauseinsturz 1934 diente das Gebäude als Klassenraum bis zur Fertigstellung des neuen Schulhauses. 1939 wurde es beschlagnahmt und wurde bis 1945 als Lagerraum für die Firma Feinbau genutzt, die kriegswichtige Gegenstände herstellte. Dies war auch die Zeit des Zweiten Weltkrieges, in der kriegsbedingt keine Vereinstätigkeit stattfand. Nach Ende des Krieges wurde das Musikhäusle bis 1952 zur Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen genutzt. Helmut Göltz erinnert sich, dass danach wieder Gartenfeste stattfanden.

Auf die Aufzeichnungen in den Gemeinderatsprotokollen hat uns Kurt Hasert aufmerksam gemacht. Helmut Göltz hat uns mit vielen weiteren Informationen versorgt. Wir danken dafür beiden sehr herzlich.

Das Gartenfest ist also ein traditionsreiches Fest, wahrscheinlich sogar das älteste Winterbacher Vereinsfest, das immer noch gefeiert wird.

Jürgen Rieger