Warum hatten die Menschen früher so kurze Betten?

Diese Frage wird uns im Museum beim Anblick des relativ kurzen Himmelbettes häufig gestellt. Man denkt, „weil die Leute früher kleiner waren“. Das ist sicher oft richtig, aber ursächlich für die kurzen Betten ist es eher nicht. Auch nicht, dass sich die Leute keine größeren Betten leisten konnten oder die Räume für größere Betten nicht ausreichten. Die Ursachen für die kurzen Betten ist, dass die Leute früher in halb aufrechter Sitzposition schliefen. Zum Schlafen verwendeten sie mehrere Kissen, welche sie an das Kopfteil des Bettes platzierten, dagegen lehnten und so schliefen.

Der Grund dafür war, dass viele Menschen im Mittelalter an Lungenkrankheiten litten, ausgelöst durch den ständigen Rauch der verschiedensten Feuer zum Heizen, kochen in der Küche oder beim Arbeiten und durch Staub, Kälte und Zugluft. Im Sitzen ist es der Atemmuskulatur besser möglich, die Atemarbeit zu unterstützen und so fiel es leichter, im Sitzen zu schlafen und so besser Luft holen zu können. Die Menschen entwickelten eine gewisse Angst davor, sich in Betten zu legen und dann am nächsten Morgen nicht mehr aufzuwachen. Wir kennen auch heute noch die Redewendung: „Im Bett sterbet d‘ Leut.“

Es entstand auch der Aberglaube, wer im Sitzen schliefe, könne so dem Tod entgehen. Daher gingen weite Teile der Bevölkerung dazu über, sitzend in ihren Betten zu schlafen. Und das ging bei der ländlichen Bevölkerung so bis ins 19. Jahrhundert und änderte sich erst, als Herde und Öfen mit Anschluss an ein Kamin aufkamen und so die Wohnräume „rauchfrei“ wurden. Dann wurde wieder im Liegen geschlafen, was längere Betten erforderlich machte.

Und noch eine andere „Bettgeschichte“:

Auch noch mit anderen „Schlafproblemen“ hatten die Menschen zu kämpfen. Das allgegenwärtige Ungeziefer, die Kälte und die Zugluft machten ihnen zu schaffen. Das Himmelbett, so man es sich leisten konnte, minderte diese Probleme. Der „Himmel“ schützte vor dem von der oft nicht dichten Bretterdecke herabfallenden Ungeziefer. Man stelle sich vor, der Hausvater sitzt im Bett, schnarcht mit offenem Mund und es fällt ihm „etwas“ hinein. Gut wer da einen „Himmel“ hatte. Manchmal schützten auch seitliche Vorhänge das Bett vor Kälte und Zugluft, indem sie aus dem Bett einen geschlossenen Raum machten.

Jürgen Rieger