Die Volksbadewanne
In der Waschküche unseres Dorf- und Heimatmuseums haben wir eine sogenannte Volksbadewanne ausgestellt, über deren genauere Verwendung nur noch die Älteren berichten können.
Ab etwa 1890 stellten die Blechnerei von Karl Kraus, ab 1922 die Krauswerke in Neuwelt-Schwarzenberg im Sächsischen Erzgebirge, Badewannen aus feuerverzinktem Blech her. Sie sollten den Belangen der einfacheren Bevölkerungsschichten genügen und somit in großen Stückzahlen zu einem erschwinglichen Preis herstellbar, leicht zu transportieren und für beengte Räumlichkeiten geeignet sein. Der Werbespruch lautete: „Jedem Deutschen wöchentlich sein Bad“. Damit sollte auch ein neuer Abschnitt der Volkshygiene eingeleitet werden. Die Badewanne wurde aus einer so genannten Wellenbadschaukel entwickelt, die man sich als Badewanne ohne Füße vorstellen muss und die durch wechselseitigen Druck der Schultern in eine Schaukelbewegung verwandelt werden konnte. Diese Wannen waren sehr beliebt. Ab etwa 1910 wurde diese Badewanne, nun mit Füßen versehen, als Volksbadewanne bezeichnet und wurde von zehn Firmen nachgebaut.
Noch bis in die 1920er Jahre gab es für weite Teile der Bevölkerung wenig Möglichkeiten für ein regelmäßiges wöchentliches Bad. Die Entwicklung und Massenfertigung der Volksbadewannen trugen dazu bei, dies zu verbessern. Ab 1925 wurden allein von den Krauswerken täglich bis zu 1.000 Volksbadewannen produziert.
Folgende Merkmale trugen zum Erfolg der Volksbadewannen bei:
- Die konische Form, die von einem liegenden Körper abgeleitet wurde (am Oberkörper breit, am Fußende schmal). Damit wird trotz Vollbad weniger Wasser als bei den herkömmlichen Wannen benötigt.
- Der halbrunde Querschnitt ermöglicht eine einfache Fertigung des Wannenrumpfes.
- Das schräggestellte Kopfstück sorgt für eine bequeme Lage von Oberkörper und Kopf.
- Der senkrechte Abschluss am Fußende gestattet ein senkrechtes und damit platzsparendes Abstellen der Wanne.
- Die feuerverzinkte Blechkonstruktion. Sie lässt sich preisgünstig fertigen, sodann sie auch für breite Schichten des Volkes bezahlbar ist. Blechkonstruktionen sind relativ leicht und demnach gut zu tragen.
Gebadet wurde einmal in der Woche und zwar samstags. Die Badewanne wurde in der Küche oder in der Waschküche aufgestellt, weil es dort die Möglichkeit gab, größere Mengen heißes Wasser zu machen. Wenn eine Waschküche vorhanden war, wurde dieses im dort stehenden beheizbaren Waschkessel gemacht. Zunächst badeten Vater und Mutter und danach die Kinder. Zwischendurch wurde mal ein Eimer heißes Wasser nachgeschüttet. Und das Wasser wurde nach dem Baden auch nicht ausgeschüttet, sondern noch zum Putzen verwendet. So war das halt, und wie man so sagt: „Die Leute sind auch groß geworden.“.
1935 wurden dann im Untergeschoss des neugebauten Schulhauses Wannenbäder eingerichtet, wohl für die Leute, die keine richtige Bademöglichkeit zu Hause hatten. Wir wissen allerdings nicht, ob damals Volksbadewannen oder schon Badewannen neuerer Bauart verwendet wurden.
Jürgen Rieger