Was die Brauerei auf dem Engelberg (1836 – 1902) mit „Dinkela(c)ker“ und „Schwabenbräu“ zu tun hat
Das Gut Engelberg wurde 1831 von Karl Redwitz und Kommissar Raach aus Schwäbisch Gmünd je zur Hälfte erworben und 1836 haben diese beiden ein Gasthaus und eine Bierbrauerei auf dem Engelberg eingerichtet. Der Müller Speidel aus Winterbach erscheint am 23.09.1844 als neuer Besitzer und nach ihm ein Güterhändler Retter von Stuttgart, der das Gutshaus neu aufbaute sowie 1848 eine Bierbrauerei errichtete.
Im Jahr 1849 geht der Besitz an Abraham Frank, Kaufmann aus Schwäbisch Gmünd über, dessen Sohn Gustav Frank das Anwesen erst bewirtschaftete und später kaufte. Gustav Frank (*22.08.1827) hat am 24.10.1852 Sophie Dinkelacker, Tochter des Brauereibesitzers Carl Gottfried Dinkelacker aus Böblingen geheiratet. Gustav Frank ist am 09.07.1867 auf dem Engelberg an Tuberkulose gestorben. Die Witwe Sophie Frank geb. Dinkelacker hat das gesamte Gut am 18.02.1868 an Wilhelm Link verkauft, den sie dann in zweiter Ehe am 27.02.1868 geheiratet hat. Im gleichen Jahr (vielleicht am Hochzeitstag) ist das Brauereigebäude abgebrannt. Link hat dieses – offenbar in zeitgemäßer Form als Dampfbrauerei wieder aufgebaut. Link betrieb die Brauerei zunächst offenbar sehr erfolgreich. Aber nach großen Unstimmigkeiten zwischen Vater und Sohn wurde die zwischenzeitlich unrentabel gewordene Brauerei im Jahre 1902 stillgelegt. Am 8. Oktober 1906 hat sich Wilhelm Link wegen Krankheit und Lebensüberdruss erschossen.
Nach dem Tod von Wilhelm Link zog Sophie Link, verwitwete Frank, geborene Dinkelacker, nach Stuttgart in das Mietshaus Frauenstraße 2 (heute Apotheke) gegenüber der Brauerei ihres Sohnes aus erster Ehe, Emil Frank.
Sophie Link, verw. Frank, geb. Dinkelacker hatte aus der Ehe mit Gustav Frank vier Kinder, darunter Sohn Emil Frank, geb. 12.07.1856 auf dem Engelberg. Seit 1885 war dieser mit der Tochter des Bierbrauers Friedrich Wilhelm Weinmann aus Kornwestheim verheiratet. Schon 1883 kaufte Emil Frank vom Müller und „Bierbrauer zum Löwen“, Christian Weizsäcker (vielleicht ein Vorfahr des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker), das Anwesen Böblinger Straße 90-92 in Stuttgart-Heslach und richtete hinter der bestehenden Gaststätte eine (neue) Brauerei ein. 1894 kam als letzter Neubau auf dem inzwischen großen Areal an der Böblinger Straße das benachbarte Gebäude Schickhardtstraße 5 hinzu, in dem wieder eine Wirtschaft mit großem Saalbau und Biergarten untergebracht war. Dies ist das einzige Gebäude, das von der ehemaligen Brauerei Frank heute noch steht.
Die Brauerei Frank war eine der großen und bedeutenden Brauereien in Stuttgart. Emil Frank, der die auf dem Engelberg begonnene Brautradition seines Vaters in Stuttgart fortgesetzt hat, ist am 28.03.1907 gestorben und hinterließ vier Kinder. Im Stuttgarter Adressbuch von 1918 sind unter der Brauereiadresse von der Familie von Emil Frank noch Wilhelm Frank (Sohn) und Heinrich Reiser (Schwiegersohn) genannt.
In unmittelbarer Nähe der Brauerei Frank bestand damals auch noch die Aktienbrauerei Rettenmeyer, später „Stuttgarter Hofbräu“.
Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Frank’sche Brauerei von Robert Leicht „Schwabenbräu“ erworben und stillgelegt.
1996/97 haben die Brauerei „Dinkelacker“ (dazu später mehr) und die Brauerei „Schwabenbräu“, welche zwischenzeitlich weitere Brauereien aufgekauft hatte, fusioniert. Die Produktion von „Schwabenbräu“ in Vaihingen wurde zu „Dinkelacker“ in die Tübinger Straße verlegt.
Nochmals zurück zu Sophie Link, verw. Frank geb. Dinkelacker. Sie war, wie gesagt, die Tochter des Brauereibesitzers Carl Gottfried Dinkelacker aus Böblingen. Ihre Brüder Christian und Wilhelm übernahmen die Brauerei des Vaters, die später „Schönbuchbräu“ hieß, heute noch besteht und sich „Schönbuch Braumanufaktur“ nennt.
Christian Dinkelacker hat sich 1873 von seinem jüngeren Bruder Wilhelm getrennt und gründete 1888 in Stuttgart die Brauerei „Dinkelacker“. Wilhelm („Schönbuchbräu“) streicht das „c“ aus seinem Namen und heißt ab diesem Zeitpunkt „Dinkelaker“. Die Brauerei befindet sich immer noch im Besitz der Familie Dinkelaker.
Die Brauerei „Dinkelacker“ in der Tübinger Straße in Stuttgart übernahm nach dem zweiten Weltkrieg auch die alteingesessenen Stuttgarter Brauereien „Wulle“ und „Sanwald“ sowie die Brauerei „Cluss“ aus Heilbronn.
1996 schlossen sich dann die Brauereien „Dinkelacker“ und „Schwabenbräu“ zusammen. Sie wurden dann vom weltgrößten belgisch-brasilianischen Braukonzern Anheuser-Busch InBev übernommen. Wolfgang Dinkelacker, der Urenkel des Firmengründers, führte sie aber wieder zurück in die Selbstständigkeit. Im Jahr 2008 wurde die Biermarke „Wulle“ wiederbelebt. Und heute gibt es von der Brauerei „Dinkelacker-Schwabenbräu“ die Marken Dinkelacker, Schwabenbräu, Sanwald und Wulle.
Und in all dem steckt von der Geschichte her über Sophie Link, verwitwete Frank, geborene Dinkelacker, auch ein bisschen „Engelberger Bier“. Jürgen Rieger