Der Troubadour im Dorf- und Heimatmuseum

Als Troubadour kommt einem üblicherweise ein Sänger höfischer Lieder im Mittelalter oder eine Oper von Verdi in den Sinn. Unser Troubadour im Museum ist aber ein Blech- oder Lochplattenspieler, fachtechnisch ein „selbstspielendes mechanisches Musikinstrument‘“ mit dem Namen „Troubadour“.

Bilder Jürgen Rieger

Dieses Instrument wurde zwischen 1898 und 1918 von den Troubadour-Musikwerken in Leipzig-Reudnitz gebaut. Zwischen 1880 und 1930 existierten über 100 auf mechanische Musikinstrumente spezialisierte Firmen in Leipzig. Meist produzierten 20 – 30 Betriebe gleichzeitig. Es gab mehrere Fabriken mit 300 – 1500 Arbeitern.

Die Produkte nannte man bei der Firma Troubadour damals technisch „Lochplatten-Musikwerke mit Stimmenkamm“ und damit ist ein Stück weit auch die Funktionsweise erklärt:

Der Tonträger dieses Musikwerkes ist eine, unserer heutigen Schallplatte ähnelnde dünne Stahlblechscheibe. Diese besitzt jedoch keine Tonrillen sondern rechteckige, nur an drei Seiten ausgeschnittene Löcher. Die vierte, schmale Seite des Rechtecks wurde während des Stanzvorganges nach unten zu einer Zunge herausgebogen. Die Aufgabe dieser Zunge ist, im Betrieb des Gerätes nur einen Ton zu erzeugen. Die Vielzahl solcher Stanzungen, welche an der entsprechenden Stelle der Platte eingebracht wurden, speichern so ganze Musikstücke.

Der Antrieb dieses „Lochplatten-Musikwerkes“ erfolgt durch ein – durch eine Spiralfeder – getriebenes Laufwerk. Dieses versetzt die auf einem Flansch der Hauptspindel aufgelegte Lochplatte in Drehung und führt sie über eine, dem Stimmenkamm vorgelagerte Nockenwelle. Auf dieser Welle befindet sich für jede im Stimmenkamm vorhandene Stimme je ein Nockenrädchen mit mehreren Nocken. Wird die mit ihren ausgestanzten Blechzungen versehene Lochplatte nun über diese Nockenwelle geführt, werden diese Nockenrädchen um einen Nocken weitergedreht, wodurch die ihnen zugeordneten Stimmzungen zum Klingen gebracht werden. Nach nur einer Umdrehung der Lochplatte wird so das ganze Musikstück zu Gehör gebracht.

Einen solchen „Troubadour“ haben wir im Museumslager gefunden. Siegfried Zarth hat in stunden- und tagelanger Arbeit das ganze Gerät auseinandergelegt, gereinigt, repariert und dann das offenbar früher schon provisorisch wieder gangbar gemachte Gerät mit viel Mühe und Geduld wieder zusammengebaut. Auch die angegriffenen Lochplatten hat er, so gut es ging, gereinigt.

Jetzt spielt er wieder, der Troubadour. Vielen Dank unserem Siegfried für dieses neue musikalische Highlight im Museum.

Über die Produkte der Firma Troubadour wissen wir leider nicht viel. Interessant ist aber, dass auch ein drehbarer Christbaumständer produziert wurde. Einzigartig dabei war, dass die Spieldose neben dem Baum stand und mit dem Christbaumständer durch einen Treibriemen verbunden war. Vielleicht besteht da eine Verbindung zu den drehbaren Christbaumständern, die von der Firma Gruoner und Bullinger, später Feinbau, in Winterbach hergestellt wurden.

Wir wollen hoffen, dass wir den Museumsbesuchern bald dieses schöne Ausstellungsstück, das theoretisch nur schwer erklärbar ist, in Funktion zeigen können.

Jürgen Rieger