Als Winterbach noch der bedeutendste Ort im mittleren Remstal war
Immer wieder hört man, dass im hohen Mittelalter Winterbach bedeutender gewesen sei als Schorndorf. Nun haben wir im Heft 22 der Reihe „Remstal“ aus dem Jahr 1968 einen Aufsatz von Dr. Guntram Palm über die Geschichte der Stadt Schorndorf gefunden, in dem er sich unter anderem zu diesem Thema äußert:
„Die geschichtliche Bedeutung Winterbachs lässt sich urkundlich erstmal in der Regierungszeit Kaiser Heinrich III. belegen. Als sich der große salische Herrscher im Jahre 1046 auf dem Zuge nach Italien befand, hielt er sich am 28. August in Winterbach auf. Am 3. Dezember 1048 weilte Heinrich III. ein zweites Mal in Winterbach.
Sein Sohn, Kaiser Heinrich IV., stand im Jahre 1080 in einem Kampf auf Leben und Tod mit der römischen Kurie und deren Anhängerschaft in Deutschland. Am Vorabend der kriegerischen Auseinandersetzung mit seinem Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden übergab er in feierlicher Form um seines Seelenheils willen den gesamten Reichsbesitz zu Winterbach sowie wertvolle Krongüter in Waiblingen dem Domstift Speyer (siehe „Heimatspiel“). Der Stauferkönig Konrad III. hat nach durchaus glaubwürdiger Überlieferung das Königsgut zu Winterbach und Waiblingen in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wieder für das Reich erworben. Das Remstal wurde im 13. Jahrhundert zu einem Eckpfeiler der staufischen Reichsministerialität.
In den Jahren 1235 und 1236 erscheint auch Schorndorf als Sitz eines staufischen Reichsministerialgeschlechtes. Mit Sicherheit darf man annehmen, dass das Reichsgut im mittleren Remstal einschließlich der Orte Winterbach und Schorndorf kurz vor 1250 und demnach später als das im unteren Remstal um Waiblingen und Beinstein gelegene an das Haus Württemberg kam.
Um das Jahr 1250 wurde Schorndorf von Graf Ulrich I. von Württemberg zur Stadt erhoben und in der Folgezeit ausgebaut. Damit wandelten sich nicht nur die rechtlichen Beziehungen der bürgerlichen Gemeinde zur weltlichen Herrschaft, sondern vermutlich auch die bisher bestehenden kirchenrechtlichen Verhältnisse zwischen den Pfarreien Schorndorf und Winterbach. Aus einschlägigen Quellen lässt sich jedenfalls seit der Erhebung Schorndorfs zur Stadt keine Abhängigkeit und Nachordnung der dortigen Pfarrkirche von der Winterbacher Mutterkirche mehr nachweisen. Vielmehr war vom Jahre 1359 an bis zur Einführung der Reformation in Württemberg die Winterbacher Pfarrei derjenigen von Schorndorf in Umkehrung der ursprünglichen Verhältnisse durch filialkirchliche Abhängigkeit verbunden.“
Ausschnitt aus der Karte des Schorndorfer Forstes von Georg Gadner, die um 1593 entstanden ist. Es handelt sich dabei um die früheste deutlich erkennbare Ortsansicht von Winterbach. Das „Kies“ liegt zu dieser Zeit noch auf einer Flussinsel der Rems.
Jürgen Rieger