Vom Kantenkerbschnitzen
Die Kerbschnitzerei ist eine seit Jahrhunderten von Skandinavien bis zum Alpenraum verbreitete Art zum Verzieren von Gebrauchsgegenständen. Es gibt dabei verschiedene Formen. Bei uns gebräuchlich war der Kantenkerbschnitt, manchmal auch Kristallschnitt genannt.
Das Muster, das dabei entsteht, nennt man auch Wolfszahnmuster. Dabei wurden die Brettchen von Zigarrenkisten verwendet, die meistens aus Zedernholz bestanden. So dünn gesägtes Holz war teuer und man hat sich mit dem beholfen, was verfügbar war, und das waren in dieser Zeit Zigarrenkisten.
Die Brettchen der Zigarrenkisten wurden zu unterschiedlich breiten Leisten gesägt und dann an den Leistenkanten mit dem Zick-Zack-Muster (Wolfszähnen) verziert. Was man brauchte, war ein kleines, scharfes Haushaltsmesser oder ein einfaches Schnitzmesser, etwas Geschick und viel Zeit.
Die Holzleisten wurden in sich nach oben verjüngender Form aufeinander genagelt oder geleimt. Es entstanden meistens Rechtecke, aber auch mal ein Stern, ein Kreis, eine Raute, ein Herz oder ein Dreieck in dreidimensionaler Form. Damit wurden Schmuckkästchen, Nähkästchen, Bilderrahmen, Spiegelrahmen, Schlüsselbretter usw. gestaltet.
Das Holz wurde dunkelbraun gebeizt, so sah es wertiger aus. Schmuckkästchen oder Nähkästchen erhielten oft einen kunstvollen Metallgriff, ein Schloss, oder wurden mit Initialen versehen.
Die Männer fertigten ihre mit Kerbschnitzereien verzierten Gegenstände als Geschenke für besondere Anlässe. Üblich war diese Feierabendbeschäftigung ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis etwa zum Beginn des ersten Weltkrieges, sowohl in bürgerlichen wie auch in Arteiter-Haushalten. Jürgen Rieger